Guten Abend, gut' Nacht

Es ist kein Zufall. Ganz bestimmt nicht. Sie verfolgt uns. Sie wird uns immer verfolgen. Wir müssen uns damit abfinden, ganz einfach.
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Mädchen haben Puppen, das ist nun mal so. Zählt man die genre-ähnlichen Plüschtiere hinzu, kommt unser Haushalt auf eine nicht unerhebliche Anzahl - ich tippe mal oberer zweistelliger Bereich - von Elementen, die man zwecks Beruhigung, Bespaßung, Belehrung oder einfach nur irgend-etwas-in-die-Hand-drücken von Jungkindern verwenden könnte.

Die Betonung liegt dabei auf könnte.

Denn wir tun es nicht. Wir ignorieren die Wahrscheinlichkeitsmathematik der letzten fünf Jahrtausende und greifen immer dieselben Figuren. Nein, es ist noch viel schlimmer: Dieselbe Figur. Es ist eine Puppe, blassrosa-weiß, Kahlkopf, keine besonderen Auffälligkeiten.

Äußerlich jedenfalls.

Denn in dieser Puppe steckt, nun ja, man soll damit ja vorsichtig sein, aber trotzdem: In ihr steckt der Teufel. Vielleicht nicht der Leibhaftige himself, bestimmt aber einer seiner vielen Untertanen, ein kleines, fieses Aushilfsteufelchen. Und das Perfide an ihm ist: Man sieht ihn nicht.

Es gibt noch zwei oder drei Puppen, die ähnlich aussehen, fast identisch. Aber die Eine erkennt man erst, wenn es zu spät ist. Ein im Puppeninnern versteckter Sensor mit der gefühlten Sensibilität eines Hi-Fi-Erdbebenmessgeräts registriert jeglichen Kontakt der Puppe mit der Außenwelt.

Und dann passiert es: Guten Abend, gut' Nacht. Laut, einstimmig, lang und mit dem musikalischen Charme einer Billig-Türklingel, kurz bevor deren Akku leer ist. Es ist zum Heulen. Ganz besonders weinerlich ist mir zumute, streife ich die Puppe beim nächtlichen Inspektionsgang. Unsere Nachbarn sind übrigens sehr nette und verständnisvolle Menschen.

Wir haben alles versucht: Die Puppe unten in der Spielzeugkiste vergraben, sie zufällig unter das Bücherregal rutschen lassen, auf dem Hochbett mit drei Eisenketten gefesselt in ein Daunenkissen eingenäht und beim Ostseeurlaub mit ins Wasser genommen. Wir haben sie gehasst, bekämpft, überlistet, ignoriert und versucht zu mögen.

Doch bevor hier jemand ernsthafte Puppenphobien entwickelt und elektrisch generierte Schlaflieder mit Horrorfilmen und Albträumen assoziiert, werden wir es akzeptieren müssen: Unter fünf Puppen wird sie gewählt, von sechs Spielzeugen streifen wir ihren Sensor, bei sieben Chancen, ein altes Erinnerungstück an die Kindheit im hohen Alter wiederzufinden, wird irgendjemand aus unserer Familie die Puppe in ferner Zukunft als Archäologe bei einer historischen Grabung entdecken und sie voller Stolz den dann knapp Hundertjährigen Ururgroßeltern auf den Gabentisch legen.
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Guten Abend, gut' Nacht, mit Rosen bedahacht, mihit Näglein behesteckt, schlühüpf' uhunter die Deck.

(Erinnert mich an die Simpsons-Folge #84 der fünften Staffel: Kampf um Bobo. Also nur mal so ins Unreine geschrieben.)
jette (Gast) - 20. Sep, 21:04

Das Grauen.
DAS GRAUEN!

(Schöne Folge, harhar)

sela - 22. Sep, 14:36

Heute ist es schon wieder passiert. Was das bedeutet, ist ja wohl klar: Sie kann auch lesen ... brrrr!

Kati (Gast) - 29. Sep, 10:44

Tipp des Tages!

Dieses monsterhafte Spielelement hat auch bei uns in der Hauptstadt versucht Unterschlupf zu finden, wurde jedoch erst nach einer kleineren - schmerzlosen Notoperation in die geheiligten Spielräume aufgenommen - okay wir haben sie zuerst für eine Woche in der alten Fassung gewähren lassen, sozusagen als Besuch, den man ja bekanntlich so nehmen muss wie er ist - um aber in die Familie aufgenommen zu werden, musste sie dann das Ritual der Entfernung ihres inneren, schlechten Kerns über sich ergehen lassen.
Und siehe da, nun ist sie nicht nur äußerlich ziemlich unscheinbar .... HURRA

Die Zielperson hat die Notwendigkeit dieses Eingriffs wohl nicht richtig erkannt und bestraft nun die unschuldige Püppi mit Kleidungs - Decken - und Kopfkissenentzug .......

Manchmal muss man eben Kompromisse eingehen, Lösungen suchen, um sich seine Ruhe zu erkämpfen - auch mit agressiven Mitteln.

Bleibt nur die Frage ob es dieses technisierte Innenleben auch beim Kindsvater gibt und ob sich dieses auch so leicht entfernen oder wenn das nicht möglich ist, zumindest in manchen Situationen ein wenig runterregeln lässt. Da fällt mir doch die neue Sandlerkomödie ein, die bei Radio 1 zwar nur eine von vier Filmrollen ergattern konnte (wie vernichtend), aber die Idee mit der Fernbedienung fürs Leben sollte bei der Geburt von Kindern vom Krankenhaus eigentlich gleich umgesetzt werden ..... - Wer braucht schon diese Dreiecksbabyhandtücher mit eingesticktem Krankenhauslogo, wenn zu Hause im Schrank schon drei viel schönere Teile warten????
Pater Johannes (Gast) - 29. Okt, 20:51

Wie bitte?

Nun lese ich sehr interessiert, wie ich zugeben muss, dieses Tagebüchlein und wie ich kurz vor dem Ende bemerken muss, finde auch ich darin Erwähung!?

Zu dem ersten Kommentar des letzten Absatzes kann ich leider nur anmerken, dass jede Art von Regelung des technisierten Innenleben, wobei ich hinzufügen möchte, dass es wohlgemerkt HOCHtechnisiert und seiner Generation natürlich um Jahrtausende voraus ist, unmöglich ist und den vorher erfahrenen Effekt, welcher das Bedürfnis auslöste, diese Technik zu entfernen, um das Zehnfache verstärkt!

Wie Sie, geneigte Leserschaft, unschwer erkennen können, mag das Bedürfnis einer Fernbedienung sehr groß sein. Ich kann jedoch aus eigener Erfahrung nur behaupten, dass dieser Art von Ausbrüchen, die vor allem immer dann auftreten wenn es am wenigsten gewünscht wird, nur mit Verständnis und viel Zuneigung begegnet werden darf.

Im Namen des Vaters, des heiligen....
Amen

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